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Etwas besonderes hat sich unser Aktiver Tobias Rossmann vorgenommen. Als engagiertes LBV-Mitglied, Naturliebhaber, leidenschaftlicher Naturfotograf und versierter Artenkenner verfolgt er eine ungewöhnliche Idee. Mit einer Winterwanderung durch den Landkreis Pfaffenhofen möchte er auf den zunehmenden Verlust naturnaher, unberührter Heimat, durch Zersiedelung und Flächenfraß hinweisen. Daher wandert er ab Sonntag, den 12. Januar eine Woche lang, mit Rucksack und Zelt, auf einer rund 100km langen Rundtour durch den Landkreis. Auf seinem Weg ist er offen für die Natur, aber auch die vielfältigen menschlichen Eingriffe, er freut sich auf viele Kontakte mit den Menschen im Landkreis, ebenso wie auf die Stille und das zur Ruhe kommen auf dem Weg.
Wir begleiten seine Wanderung hier auf unserer Homepage, aber auch auf Instagram und sind selber sehr gespannt, welche Geschichten und Begebenheiten sich bei dieser Wanderung ergeben werden.
Als Basis für einen gemeinsamen Email-Protest bzw. zur Gründung eines Forums zu diesem aktuellen Thema, besteht die Möglichkeit über:
https://hallertau.de/
Insta-Account: lbv_kg_pfaffenhofen
Email: Flaechenfraß-pfaffenhofen@t-online.de
mit Tobias Kontakt aufzunehmen. Gerne können Lösungsvorschläge genannt werden, wir freuen uns aber auch über Nachrichten, die lediglich mit dem Betreff „Landschaftsidyll versus Flächenfraß“ versendet werden. Diese werten wir als positive Unterstützung der Aktion.
Heute Morgen nach einem stärkenden Frühstück packte ich meinen Rucksack und ging los. 100 Kilometer stehen in den nächsten sieben Tagen an. Es war der Beginn einer Wanderung, die auf die derzeitige Umsetzung des Flächenfraßes aufmerksam machen soll. Im Grunde könnten wir eine unfassbar schöne Heimat im Landkreis Pfaffenhofen haben, aber durch Verbauung verlieren wir immer mehr von dieser Pracht.
Gleich zu Beginn komme ich an der geheimnisvollen Egelsee-Kapelle in Gosseltshausen vorbei. Als Kind ging ich mit meiner Mutter nach Einbruch der Dunkelheit oft dort hin. Mit dabei war immer eine Laterne, die uns mit ihrem warmen Licht den Weg wies. Heute lohnt sich das nicht mehr. Das angrenzende Gewerbegebiet überflutet mit seiner aufdringlichen Beleuchtung jedes gemütliche Kerzenlicht. Dieser inzwischen zugebaute Hang hat eine Süd-West-Ausrichtung und beheimatete ursprünglich ausdauernd blühende Blumen. Der damalige Erbauer der Kapelle hatte sich dieses Idyll für die Zukunft bestimmt anders vorgestellt.
Ein Gewerbegebiet verschlingt also nicht nur den eigentlichen Platz, sondern zieht auch umliegende Flächen in Mitleidenschaft.
Sie möchten ihre Eindrücke mit uns teilen?
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Fazit des Tages: Ich sitze im Zelt und denke über den heutigen Tag nach. Kein einziger Sonnenstrahl zeigte sich heute, dafür war unsere heimische Landschaft von einem wunderbaren Reif überzogen. So viel Schönes war zu sehen: Dorfweiher, landschaftstypische Bauernhäuser, Hühner, Hochlandrinder, und düster wirkende Wälder. Es hat sich wahrlich gelohnt, auch wenn ich jetzt frierend im Schlafsack eine lange lange Nacht vor mir habe. Ich freue mich schon auf die nächste Etappe und hoffe möglichst viel Ursprüngliches und Unverschandeltes zu sehen.
Tobias Rossmann
Es ist schon was Besonderes draußen mit der Natur aufzuwachen: Tok/Tok/ToK, während ich noch tief in meinem Schlafsack eingemummelt bin, erinnert mich ein Buntspecht daran, wo mein Zelt eigentlich gerade steht: mitten auf einer Streuobstwiese. Früher waren derartige Naturparadiese üblich, doch heute beschränken sie sich auf wenige Oasen. Wer einmal im Frühling mitten in einer blühenden und duftenden Streuobstwiese steht, wird schlichtweg verzaubert: vanilleartiger Duft, ein Bienen Brummen das einem warm ums Herz wird, wohltuender Vogelgesang von unglaublicher Vielfalt... die Liste ließe sich ewig fortsetzen. Es fällt mir schwer diesen Übernachtungsort zu verlassen, aber ich will ja auch unbedingt weiter. Kurz die kalten Füße wärmen, dann packen und los. Nach einer guten Stunde erreiche ich Preinerszell, obwohl es von außen erst mal nichts Besonderes an sich hat, verzückt diese Dorf wo es nur geht: in der dörflichen Stille gackern immer wieder Hühner aus den verschiedensten Gärten, Pferde blicken einem neugierig nach, am höchsten Punkt steht eine Kapelle mit Linde, kleine Teichanlagen und Gemüsebeete erinnern, dass hier noch ganz selbstverständlich Selbstversorgung gelebt wird. Eine kleine verwinkelte Straße führt zu einem Blickfang, der jedes Dorf zu etwas ganz Einzigartigen macht: Die Dorfkirche. Liebe Leute, das ist Dorf-Idylle vom Feinsten. Wollen wir diese erhalten oder wollen wir bald jede kleine Ortschaft unkontrolliert wachsen lassen?
Bevor ich das Ziel meiner Tagesetappe erreiche, nimmt sich eine Person für mich Zeit. die die derzeitige Entwicklung des Flächenfraßes ebenfalls als bedenklich empfindet, Landrat Martin Wolf. Wir sind uns schnell einig: im Landkreis müssen wir nicht nur Arbeiten, wir müssen hier selbstverständlich auch leben können und zwar gut leben können!
Am späten Nachmittag erreiche ich mein heutiges Nachtquartier: ein Baumhaus in fünf Metern Höhe, mitten in der Krone eines großen Baumes, der auf einem Biobauernhof im Prambachtal steht. Ich wünschte ich könnte euch interessierte Leser, zumindest ganz kurz, bei mir haben und euch all das zeigen. Abends stehe ich auf dem Baumhausbalkon und blicke auf den Mond, den alten Hof, lausche Hühnern und Rindern und werde zudem mit einem besonderen Naturspektakel belohnt: ein Uhupärchen, besingt sich gegenseitig mit schaurig schönen Klängen. Ich weiß gar nicht zu welchem Reiseanbieter ich gehen müsste, um so etwas erleben zu können. Aber es reicht offensichtlich, sich einfach mit seiner Heimat zu befassen und dieser ihre Schönheiten zu entlocken.
Tobias Rossmann
Meine heutige Route startete im Prambachtal, wo ich kurz vor Entrischenbrunn in den Wald einstieg und mich Richtung Wallfahrtskirche Herrenrast begab. Über Ilmmünster, einen Abstecher nach Ilmried schob ich dazwischen, ging es weiter nach Scheyern und von dort zu meinem Ziel: Oberschnatterbach. 14 Kilometer hatte ich also vor mir. Die Nacht verbrachte ich in der Krone eines uralten Wallnussbaumes. Ein Grünspecht gackerte schon vor dem Wecker los und so packte ich meine Sachen früher als geplant. Dafür hatte ich noch die Gelegenheit mich auf dem Biohof umzusehen. Das Ergebnis des Volksbegehrens "Rettet die Bienen" besagt, dass über 18% der Menschen für Bio-Produktion in der Landwirtschaft sind. Doch dieser Wille spiegelt sich leider nicht im Konsumverhalten wider. Bei mehr Artenvielfalt in der Landwirtschaft sind wir also alle gefragt und umso mehr schmerzt es, wenn für Gewerbegebiete teils höchst fruchtbare Böden versiegelt werden. Diese Flächen sind also nicht nur für die Natur verschwunden, sondern auch für die Landwirtschaft vor Ort. Nicht auszumalen, wie gut es um unsere Natur stehen würde, würden wir beim Konsumverhalten den regionalen Bio-Produkten und einem eigenen, naturnahen Garten mehr Aufmerksamkeit schenken.
Wenige Stunden nachdem ich den Rucksack schulterte war ich in Herrenrast angekommen. Wie viele Geschichten und wie viele Mythen an diesem Ort zu finden sind lässt sich hier nicht unterbringen. Nebenan grasen Rot- und Damwild in einem Gehege für Ökologische Landwirtschaft. Dieses Gehege ist so weitläufig und liebevoll gestaltet, dass man sich fast in einer kanadischen Wildnis sieht. Natürlich, die Tiere leben nicht in Freiheit und die Teichanlage ist vermutlich künstlich angelegt worden, aber dennoch würde man so einen Augenschmaus nicht in unserem Landkreis erwarten. Ich erinnere mich an diesem Ort auch an eine Fledermausexkursion, welche der Landesbund-für-Vogelschutz organisiert hatte. Wer glaubt, schon all die schönen Wesen aus unserer Feldflur zu kennen, der sollte sich mal in der Nacht umsehen. Da leuchten Käfer, jagen Fledermäuse, schwirren Motten und bellen Rehe. Es gibt bei uns also überall und jederzeit ganz wundervolle Momente zu erleben.
In Ilmmünster angekommen, unterhielt ich mich mit einem Mann, der offenbar seine ganze Kindheit hier verbracht hat, sich stets an Vögel, Fröschen und alten Bäumen erfreut hat. Er bedauert: Hier in der Nähe sollen 1,1 Hektar Mischwald gefällt werden, darunter teils kräftige Buchen. In einer Zeit in der der Klimawandel unausweichlich erscheint, wird also "konsequent" noch weiter abgeholzt. Auf Beschwerdebriefe und anderweitige Anfragen lieferte die Gemeinde keinerlei Antworten. Es ist zum Kopfschütteln. Daher zog es mich schnell zu meinem nächsten Ziel, denn hier war ich mir sicher, dass ich auf ein kleines Juwel treffen werde: Ilmried. Ein kleines Dorf, abseits von hektischen Straßen, "beschützt" von einer am Hügel thronenden Kirche. Daneben grasen Schafe mit ihren Lämmern. Wieder sind es die Tiere, die diesen Moment das Sahnehäubchen aufsetzen. Egal ob Damwild, Hühner, Schafe oder Kühe, sie alle sind, mitsamt den wilden Tieren eine Bereicherung für unsere Heimat. Wenn man sich eine Dorfidylle im Kopf ausmalen müsste, sie würde wohl sehr an Ilmried erinnern. Hier ist es so hügelig, dass wohl nie ein größeres Gewerbegebiet Platz finden würde. Aber wer weiß schon welche Pläne bereits geschmiedet werden?
Nun ging es weiter nach Scheyern. Über Hochebenen, die sogar den Blick Richtung bayerische Voralpen freigeben, wandert man dahin, entdeckt wie selbstverständlich hier und da Kapellen und Feldkreuze. Perfekt zu dieser Szenerie erschallte die weit hörbare Glocke von Scheyern. Die Uhrzeit sagte mir, dass ich für mein heutiges Ziel noch eine Stunde Zeit habe. Vorbei an kleinen Höfen und hinüber zu einer kleinen Wiese am Waldrand erreiche ich meinen heutigen Endpunkt. An den Gedanken, abends in einem Schlafsack bei Minusgraden zu nächtigen gewöhne ich mich irgendwie immer noch nicht.
Tobias Rossmann
Meine Wanderung führte heute über Scheyern, Unterschnatter- bach, Euernbach und Menzenbach bis ins Paartal, wo mein heutiger Schlafplatz liegt. Einige Kilometer habe ich heute hinter mir und das sanfte Hochland ermöglichte geniale Ausblicke. Zwischen Euern-bach und Kreutenbach sah ich sogar bis zum Altmühltal.
Bei einem Zwischenstopp in Hohenwart verging mir jedoch die Wanderlaune, als ich ein "besonderes" Neubaugebiet sah. Gegen einen Hausbau ist ja generell nicht einzuwenden, ich baue sogar selber gerade auf einem Grundstück mitten im Ort, also ohne dass das Dorf flächen-mässig dadurch wachsen muss. Das ca. 70 Jahre alte, kleine Haus habe ich abgerissen und nun ein sogar noch Kleineres errichtet. Streng genommen wurde also Fläche frei und darauf wird bald eine Wildblumenwiese entstehen. Der Neubau orientiert sich stark am Vorbild des alten Hauses, um das landschaftstypische Dorfbild zu wahren.
In Hohenwart sieht der Fall jedoch ganz anders aus. Dort wurde in der Nähe des Klosterbergs eine ganze Siedlung aus dem Boden gestampft. Einheitliche Bauten mit schwarzen Dächern, manche davon mit Flachdach und sterilen, rechteckigen Rasenflächen. Ein Gewerbegebiet sieht ähnlich "unhübsch" aus, wieso braucht es solch weit umfassende Neubaugebiete? Reden die Gemeinden nicht immer davon, man brauche Gewerbegebiete, um den Anwohnern Arbeitsplätze zu bieten? Was macht es da für einen Sinn noch mehr Anwohner durch Neubaugebiete anzulocken? Dadurch wird doch die Frage nach mehr Arbeitsplätzen immer noch dringlicher! Da beißt sich die Katze in den Schwanz! Ach, ja richtig, man will ja Geld einnehmen. Geld ist ja im finanzstärksten Landkreis Deutschlands(!!!) logischerweise der wichtigste Antreiber...
Tobias Rossmann
Tag 5 war ein ereignisreicher Wandertag, denn zwei Fernsehteams haben sich für heute bei mir angemeldet. Nach einigen Dreharbeiten ging es über Pörnbach nach Puch und von dort dann über Agelsberg nach Au am Aign zum vorletzten Nachtlager, insgesamt etwa 14km Wegstrecke.
Einen ersten Halt machte ich in Puch bei David Seifert. Dieser verzichtet auf nennenswerte Reisen, dafür baut er sich seine eigene Naturoase einfach in den Garten: ein Paradies für Vögel, Eidechsen, Laubfrösche, Igel und Unmengen an Bienenarten. Steinhaufen, Tümpel, Hecken und Sandflächen machen diesen Garten zu einem Naturerlebnispark, in dem man eine Naturdoku drehen könnte. Würden doch endlich solche Biotope auf den Grünflächen der Gewerbegebiete flächendeckend und verpflichtend angelegt, ich glaube das Thema Artenschwund wäre zur Hälfte schon abgearbeitet.
Bei Reichertshofen drängten sich schon von Weitem die riesigen Gewerbegebiete auf. Was macht eigentlich ein vergleichsweise kleiner Ort mit solch einer umfassenden Fläche für Gewerbe? Da diese angeblich noch nicht ausreichen, sollen weitere Flächen erschlossen oder soll man sagen "entwickelt" werden. Betroffen ist eine Fläche, auf der ursprünglich das Reichertshofener Storchenpaar 70 Prozent seiner Nahrung gefangen hat. Nach deutschem Gesetz sind bedeutende Nahrungsflächen nicht schützenswert. Pech für den Storch, der erst vor kurzem von der der roten Liste genommen werden konnte. Und kein Problem, lebt der Storch ja nur von Luft und Liebe, vor allem zur Brutzeit. Das ist typisch Deutschland. Auf dieser Wiese hatte zudem die in der Nähe befindliche Schule den Schülern besondere Beobachtungen ermöglicht, die Lehrer konnten daran teilweise sogar Schulstoff vermitteln. Doch bald werden die Schüler dort nur auf Beton blicken. So machen wir also die Kinder mittlerweile mit der Umwelt vertraut. Tolle Strategie.
Wesentlich erfreulicher war das Zusammentreffen mit Christian Rachel. Der Wildnispädagoge betreut eine BN-Kindergruppe, in der er ihnen Werte vermittelt, die ihnen wirklich etwas bringen: Sport, Naturerlebnisse und gemeinsam gelöste Aufgaben. Nicht auf einem bespaßenden Spielplatz mitten in dichter Zivilisation, sondern draußen in der "Wildnis". Kinder brauchen so wenig Spielzeug, wenn man einfach mit ihnen rausgeht in die Natur, Lager baut, Tiere beobachtet oder Pflanzen kennen lernt, da ist sich Christian sicher. Das er mit seiner Einschätzung richtig liegt, zeigt sich im Laufe des Nachmittags. Auf einer großen Wiese spielen und lachen die Kinder bis zur Abenddämmerung, dabei entdecken sie Vogelnester und andere Wildtierspuren. Andere Kinder sitzen zur selben Zeit am PC oder Smartphone, nicht aber die Kinder von Christians Truppe. Welch ein schöner Anblick, hoffentlich haben auch die Kinder von morgen noch eine Chance auf Spiel und Spaß in einer artenreichen Natur.
Tobias Rossmann
Auf die Etappe zu meinem letzten Nachtlager freute ich mich ganz besonders, da sie fast den ganzen Tag durch Wald führte. Ich startete von Au am Aign, überquerte im angrenzenden Wald die A9 und erreichte nach zwei Stunden das Mitterbachel. Von dort ging es über einen Abstecher zum Feilenmoos, weiter in die Nöttinger Viehweide bis weit in den Norden des Feilenforstes. Am Ziel angekommen lagen ca. 15 Kilometer hinter mir.
Der Start hätte besser laufen können. Ich wachte mit leichten Halsschmerzen auf, versuchte mit kalten Händen ein paar Zeilen über den vorherigen Tag zu schreiben und packte dann all-mählich, dabei gefilmt von einem regionalen Fernsehsender, meine Sachen zusammen um aufzubrechen.
Bei dieser Wanderung zeigte sich, dass in der heutigen Zeit vor allem wir Menschen die Natur zur Nah-erholung dringend brauchen. An der Kapelle Au am Aign genossen Wanderer einen herrlichen Sonnenaufgang, Hundebesitzer führten ihre Vierbeiner vorbei an uralten Weiden in Richtung der Badeseen und im Wald sportelten Jogger sowie Radfahrer. Sollen solch Orte der Erholung bald nur noch reliktartig im Landkreis verstreut sein? Sollen solche Flächen bald nur noch umständ-lich per Auto erreichbar sein oder sollen die meisten Menschen auf dem Land die Möglichkeit haben, Natur und Umwelt unmittelbar vor der Haustür zu genießen? Wir haben durch Verbauung mehr zu verlieren als nur „irgendwelche“ Wildtiere und Pflanzen, vielmehr schaden wir unserer eigenen Gesundheit. Wie gerne hätte ich den Heimatkundler Reinhard Haiplik bei mir gehabt. So viele Feldkreuze waren im Wald zu finden und ich bin mir sicher, dass Herr Haiplik mir zu den meisten spannende, sowie faszinierende Geschichten hätte erzählen können. Im nordöstlichen Teil des Feilenmoos durfte ich etwas Grandioses erleben: über einem alten Baum, der auf einer Insel im Seengebiet steht, erhob sich ein riesiges Federwesen, mit kräftigen, weit ausladenden Flügelschlägen, kreiste es umher und setzte sich letztendlich auf die Krone des Baumes. Ein Seeadler! Welch ein Anblick! Möwen, Kormorane und Krähen, sie alle machten ein riesiges Geschrei und starteten Scheinattacken auf den Adler. Solche Szenen kennen die meisten aus Dokufilmen, nicht aber aus einem Seengebiet bei Geisenfeld. Ich bin mir meiner Behauptung immer sicherer: was unsere Heimat an Denkmälern, Geschichten, Archäologie und Natur zu bieten hat kann man kaum erahnen. So viel Spannendes bietet sie uns und so viel können wir davon durch Flächenfraß verlieren. Gerade hier im Feilenmoos schmiedet man bereits Pläne, was nach dem Kiesabbau folgen könnte. Hotels und bespassende Freizeitanlagen sind Teil dieser Gedankenspiele. Es ist einfach nur traurig. Seit über einem Vierteljahrhundert setzen sich Menschen ein, dass das Naturschutzgebiet Nöttinger Viehweide auf wenigstens einen der angrenzenden Seen erweitert wird. Leider hat es der Landkreis bis heute nicht geschafft, auch nur einen einzigen seiner Seen unter Naturschutz zu stellen.
Tobias Rossmann
Am letzten Tag lagen knapp 17 Kilometer vor mir. Ein stimmungs-voller, nebeliger Morgen lockte mich aus dem Zelt. Zu wissen, dass ich heute wieder daheim im Warmen schlafen und duschen werde, verlieh mir so viel Euphorie, dass ich in Versuchung war, noch eine Nacht dran-zuhängen.
Der Weg führte nach Geisenfeld und von dort über das Ilmtal, sowie die Ortschaften Königsfeld und Starzhausen nach Gosseltshausen zurück.
Ein Hauch von Frühling lag in der feuchten Luft des Feilenforst. Ein balzender Sperber begleitete meinen Weg, bis ich irgendwann die Heideflächen der Nöttinger Viehweide erreichte. In wenigen Monaten wird hier die Waldschnepfe, eine extrem heimlich lebende Vogelart, ihren romantischen Balzflug in der Abenddämmerung vollführen, während der Wald voll mit Frühlingsknotenblumen ist, „nur“ ein weiteres von unzähligen Naturschauspielen unseres Landkreises. Ich hätte auch noch einen Abstecher nach Norden machen können, gelohnt hätte es sich allemal: oben in Ilmendorf wurden ca. 50 Hektar (eine halbe Millionen Quadratmeter!!!) zugepflastert. Gierig plante man in Geisenfeld schon die nächste Erweiterung, doch die Bürger von Ilmendorf konnten dies zumindest für ein Jahr verhindern. Die Ilm schafft hier einen vielseitigen Lebensraum u.a. für Kiebitz und den vom Aussterben bedrohten Brachvogel. Trotzdem ist es der Stadt Geisenfeld gelungen ein Planfeststellungsverfahren für ein weiteres, riesiges Gewerbegebiet durchzubringen. Absolut lächerliche 30 Meter muss man dann für den Brachvogel freihalten. Welche „Experten“ machen solche Angaben und wozu baut Geisenfeld derart unverantwortlich Gewerbegebiete um sich herum? Wie der Norden unseres Landkreises bereits verschandelt wurde ist schlichtweg gedankenlos.
Zurück zur Wanderung: südlich von Geisenfeld erreichte ich die malerische Kirche von Ainau, verweilte dort und stiftete eine Kerze zu Ehren unserer teils wunderschönen Heimat. Nahtlos geht der Weg über zum Ilmtal. So richtig weiß man wohl nicht, wohin sich das Ilmtal durch zukünftige Baupläne wohl entwickeln wird. Dabei ist dieses liebliche Tal so traumhaft schön! Vorbei an alten Dörfern, mäandert die Ilm gesäumt von feuchten Wiesen in Richtung Norden. Zu beiden Seiten steigen sanfte Hügel an, die am obersten Punkt bezaubernde Ausblicke ermöglichen.
Liebe Gemeinden, das ist es was unsere Heimat so wertvoll macht, und nicht monetärer Reichtum in den Kassen!
Tobias Rossmann